Der Schwinklub Siehen in seiner Entstehung

Schwingen aus Überlieferung und Tradition

Schon in früheren Jahrhunderten wurde auf den Alpen und in den Bergtälern geschwungen. Denn solange der Mensch wohl besteht, war und ist in ihm Drang, sich im Zweikampf in irgendeiner Art zu messen und dabei Kraft und Gewandtheit zu erproben. Im Emmental und Oberland, ebenso im Entlebuch, in der Urschweiz und Appenzell, trafen sich die Sennen und Älpler zum Kraftmessen. Schangnau, unser schönes Berg Tal im Ursprungsgebiet der Emme, gilt als eine der eigentlichen Wiegstätten des Schwingens.   Die alten Schangnauer Schwinger Neben andern bekannten Schwingergestalten ist wohl Ulrich Gerber geboren 1814, vom Brunnenfeld, zu nennen, der Ende der dreissiger Jahre des 18 Jahrhunderts auf der Schanze zu Bern den Schwingerkönigstitel errang. Gerber wanderte 1850 nach Amerika aus. Auf den Schwingplätzen ein ganz gefürchteter Kämpfer mit aussergewöhnlicher Körperkraft war Matthias Wittwer, vom Berg (1814–1858), der 1848 auf der Berner Schanze den Schwingerkönigstitel eroberte. Er wurde mit dem Namen «der starke Thys» genannt. Mit einer überaus starken Mannschaft rückten die Schangnauer kurz nach der Jahrhundertwende auf den Schwingplätzen auf. Gottlieb Salzmann, vom Steinmösli, kehrte von allen vier Eidgenössischen Schwingfesten den Jahren 1908, 1911, 1919 und 1921 mit dem Kranz nach Hause. 1919 in Langenthal wurde er Schwingerkönig (gemeinsam mit Robert Roth). Auch Gottlieb Gerber, vom Unterhaus und Christian Reber vom Scheidbach, waren Schwinger von grossem Format und wurden 1911 in Zürich mit dem Eidgenössischen Schwingerkranz ausgezeichnet.  

Von der Gründerzeit des Schwingklubs ums Jahr 1936

Unter dem Namen «Schwingklub Schangnau» kam es 1936 zur Gründung unseres Schwingklubs. Trotz wirtschaftlicher Krisenzeit, die damals zu vielen Einschränkungen und Entbehrungen lehrte, hatten junge Männer und Burschen den Mut und die Zuversicht, den Schwingklub ins Leben zu rufen.  

Zu den eigentlichen Initianten und Gründer gehören:  

Gottlieb Salzmann Knubelhütte  
Ulrich Reber Port  
Albrecht Aegerter Gerbe  
Karl Röthlisberger Innenberg  
Albrecht Gerber Wältishaus                                                   
Otto Röthlisberger Innenberg  
Hans Gerber Wältishaus  
Ernst Reber Innenberg  
Walter Reber Port  
Paul Zesiger Wirt, Gasthof zum Wald  

Erster Präsident war Hans Gerber, Wältishaus.  

Der junge Klub durfte sich von Beginn hinweg an schwingerischen Erfolgen freuen. Walter Reber, Albrecht Gerber, Karl und Otto Röthlisberger waren Kranzschwinger. Walter Reber, Port, galt als einer der besten Könner in der Bodenarbeit (Stich und Bur waren Hausmarken eigener Prägung!). Er errang die höchste Auszeichnung, den eidgenössischen Kranz 1943 in Zug. Die Fachzeitung «Sport» widmete ihm damals unter «Zuger Nachlese» folgende Worte:  

«Wohl vom Besten was man zu sehen bekam, waren die Gänge von Walter Reber aus dem Schangnau gegen den prachtvoll gebauten Aargauer Nationalturner Hans Wohler, von Wohlen. Anfänglich schien es, der stiernackige, breitbrüstige Turner wolle den kleinen Emmentaler vor dem Znüni verspeisen. Aber sogar aus dem Buregriff Wohlers schlüpfte Reber aalgeschickt heraus, um dann selber zur Offensive zu schreiten. Wie er es nun anstellte, um das Modell eines Nationalturners zur Strecke zu bringen, muss man wirklich gesehen haben, wenn man überhaupt wissen will, was Schwingen ist. Auf höchst unentwirrbares kombiniertes Fintenmanöver hatte der Schangnauer endlich den Turner in seiner beliebten oder besser gesagt gefürchteten Zange und häckelte ihn mit seinen etwas zu kurzen Beinen, wobei er immer fest in den Griffen blieb, unwiderstehlich auf den Rücken. Dieses Schauspiel genoss man zweimal. Einfach grossartig musste man unwillkürlich ausrufen, als Wohler auch im zweiten Gang nach verzweifelter Abwehr auf ähnliche Weise verloren hatte. Zu schämen brauchte sich der Aargauer seiner Niederlage bestimmt nicht. Sogar ein Paul Dätwyler soll erklärt haben, lieber mit jedem x-beliebigen Gegner einen Gang austragen, als mit dem Schangnauer!»

Mitten der vierziger Jahre vollzog sich im Klub in gewissem Masse ein Generationenwechsel. Junge Schwinger wuchsen heran, entpuppten sich ziemlich rasch und traten in die Fussstapfen der älteren Kameraden. Besonders Daniel Beer, Hans Beer, Christian Egli und Hans Gerber, Hubel, sorgten im Bund treuer Weggefährten für viele gute Ränge und Kränze.

Eher still war es im Schwingklub Schangnau in der ersten Hälfte der sechziger Jahre. Albrecht Gerber, Steinmösli, war einige Zeit der einzige Aktive, dem Kranzerfolge beschieden waren. Die Zahl der Aktivschwinger sank damals bis auf ein halbes Dutzend, oder sogar darunter. Immerhin haben ein paar unentwegte Kameraden der Schwingerei trotzdem die Treue gehalten und dem Klub jene Kräfte geliehen, die für eine weitere Daseinsberechtigung nötig waren. Dieser tapferen Gruppe von Verbündeten sei an dieser Stelle Dank und Anerkennung gewidmet!  

Der Schwingklub Schangnau im Jahre 1948. Obere Reihe (v.l.): Beer Hans, Beer Daniel, Egli
Christian, Bürki Viktor, Gerber Hans. Untere Reihe (v.l.): 
Schlüchter Christian, Röthlisberger Otto,
Reber Walter, Albrecht Gerber und 
Gottlieb Salzmann.

In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre wuchs der Mitgliederbestand wiederum an. Einige fast gleichaltrige junge Schwinger aus dem Einzugsgebiet Schangnau-Siehen- Eggiwil brachten neuen Auftrieb. In jener Zeit, nämlich an der Hauptversammlung vom 13. Januar 1968, wurde auch die Umtaufe unserer Vereinigung – von Schwingklub Schangnau in Schwingklub Siehen – vollzogen. Daniel Beer, als damaliger Klubpräsident und zugleich technischer Leiter, nahm sich in jener Zeit über Jahre hinweg den jungen Aktivschwingern in besonderem Masse an. Seine Schulung geschah stets in väterlicher Art; sie war nicht bloss auf die schwingerische Technik ausgerichtet, sie galt ebenso sehr der Pflege eines guten Kameradschaftsgeistes.  

In den 60er- und 70er-Jahren stand unser Schwingklub allgemein im Zeichen einer regen Vereinstätigkeit. Die jährlichen eigenen Anlässe, wie Chilbi-Schwinget in Siehen, Herbstschwinget in Schangnau (1958 bis 1974) sowie die Mitorganisation der Emmentalischen Schwingfeste 1968 in Eggiwil und 1980 in Schangnau sind Zeugen davon. Eine stattliche Mannschaft mit 20 bis 25 Aktiven sorgte dafür, dass die Ortsnamen Schangnau und Eggiwil in Schwinger Kreisen bekannt geblieben sind.  

Die vergangenen 30 Jahre wurden geprägt von Veränderungen. Es begann ein Schwinger Boom. Nicht nur die Trainings der Aktiv- und Jungschwinger, sondern auch das Organisieren von Schwingfesten wurde aufwändiger. Heute braucht es ein Betreuerzelt für die Schwinger, die Medienvertreter kommen zahlreicher und die Organisation für Verkehr und Sicherheit ist oft nicht mehr einfach zu lösen. Die Schwinger besuchen heute vermehrt den Kraftraum in einem Fitnesscenter. Trainings unter freiem Himmel, wie diese bis 1999 auf der Schachenmatte in Bumbach stattfanden, wurden in den Schwingkeller verlegt. Der Schwingklub Siehen besitzt gleich zwei Schwingkeller: Seit 1999 einen in Bumbach und bereits seit 1978 einen in Eggiwil. Zudem trainieren die Schwinger heute oft auch unter der Obhut von Trainern und ihre Ernährung ergänzen sie mit zusätzlicher «Sportlerkost». Kurz gesagt, der Schwingsport heute ist sicher athletischer und professioneller geworden.


Der Schwingklub Siehen anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums 1986.